Mehr Nutzerfreundlichkeit bei Shops und Webseiten

Im Dezember 2024 kam und Juni 2025 kommt ein neuer Standard auf Webseiten und vor allem Onlineshops zu, die Besucher schützen und unterstützen sollen. Zum einen die BFSGV (Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) und die GPSR (Produktsicherheitsverordnung).

BFSGV

Die Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt zum 28.06.2025 in Kraft, um mehr Menschen den Zugang zu digitalen Angeboten zu ermöglichen. Es ist die Umsetzung der europäischen European Accessibility Act (EAA) im nationalen Recht.

Was bedeutet die BFSGV für ihr Unternehmen?

Die Verordnung betrifft Firmen, die Produkte aus den Bereichen Kommunikation, Unterhaltung und Finanztransaktionen herstellen oder vertreiben (z.B. Computerhardware, Betriebssysteme, Geldautomaten, Mobiltelefone, E-Book-Reader und interaktive Fernseher …) oder Dienstleistungen zum Fernabsatz bereitstellen (Telekommunikationsdienste, Online-Banking, Webseiten oder Apps zur Personenbeförderung, E-Commerce und elektronische Terminbuchungssysteme …)

E-Commerce steht in diesem Fall für Interaktionsmöglichkeiten, Terminbuchung, den Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen über das Internet. Das heißt, kann ein Kunde bei ihnen bestellen, online bezahlen oder einen Vertragsabschluss machen, fallen Sie unter die Reglung. Aber auch bei Kundenbetreuung über einen Chat.

Die Ziele

Durch die Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz soll Menschen mit Beeinträchtigungen ermöglicht werden, die digitalen Angebote ohne Erschwernis zu nutzen.

Ausnahmen gibt es nur für Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und unter 2 Mio. Euro Jahresumsatz, die Dienstleistungen erbringen. Vertreiben Sie eines der Produkte oder stellen es her, ist die Firmengröße irrelevant.

Grundkriterien

In der Verordnung werden 4 Grundkriterien aufgelistet. Wir haben Ihnen ein paar Beispiele zusammen getragen.

Wahrnehmbarkeit
  • mindestens über 2 Sinne: auditiv, visuell oder taktil
  • Informationen über weiteren Kanal als Farbe darstellen
    • Beispiel: Sie bieten einen Pullover in 8 Farben an, dann muss neben der Abbildung der Farbe diese auch in Textform angegeben sein
  • Bestimmte Farbkombinationen vermeiden wie rot und grün
  • gut erkennbare Schriftarten wählen
  • alle Bilder und Grafiken mit detailliertem Alternativtext versehen
  • Zeitgesteuerte Elemente mit Mindestumschaltzeit
  • Seite muss gezoomt werden können, ganz besonders der Text
  • Hohe Kontraste oder verschiedene Geräusche zur Unterscheidung von Vorder- und Hintergrund
  • Videos mit Untertiteln und PDFs, die von assistiven Technologien vorgelesen werden können (wenn nach dem 28.06.2025 veröffentlicht)
  • Alternativen für den Kontakt zur Wahl stellen, z.B. Chat und Rückruf
Bedienbarkeit
  • Alternativen zur kognitiven Authentifizierung, neben Merk- und Matheaufgaben z.B. durch Nutzerverhalten
  • Nicht sicherheitsrelevante Felder befüllen sich automatisch oder können ausgewählt werden
  • Hilfsangebote immer an einheitlicher Stelle, außer bei Kontextbezug
  • Alternative zu Wischen und Ziehen
    • durch Sprachsteuerung
    • oder durch Schaltflächen
  • Klickbarer Bereich muss Mindestgröße haben
    • 24×24 Pixel, besser noch 48×48 Pixel
  • Klarer Unterschied zwischen Mauszeiger und Interaktionsfeld z.B. Pfeil wird zu Hand
  • kein Flackern oder Blinken
  • Links klar erkennbar und alternativen Navigationsweg anbieten
    • Buttons
    • Piktogramme (Pfeile, die bekannten 3 Punkte …)
  • zeitlich begrenzte Interaktionen müssen genug Zeit bieten, z.B.
    • Logout bei Inaktivität nach 30 statt 5 Minuten
    • Codeeingabe innerhalb von 15 Minuten
  • Bedienung rein über die Tastatur ermöglichen
Verständlichkeit
  • gut lesbare, leicht verständliche Texte, auch beim Vorlesen
  • klare, einfach Sprache mit Erläuterungen für Fachbegriffe, spezielle Ausdrücke, Abkürzungen
    • möglichst am Begriff
  • Benutzeroberflächen müssen vorhersehbar und konsistent dargestellt werden, mit Unterstützungen, um Eingabefehler zu vermeiden
Robustheit

hohe Kompatibilität mit diversen Browsern und assistiven Technologien z.B. Screenreadern

Klare Standards für die Umsetzung werden in der WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) und der EN 301 549 beschrieben. Die WCAG unterscheidet dabei 3 Stufen von A bis AAA. Wenn Sie bereits jetzt nach einer umfangreicheren Anpassung streben, können Sie sich daran orientieren.

Ihre Vorteile:

Durch die Umsetzung der Verordnung können Sie ihren Kundenkreis erweitern. Neben Menschen mit Einschränkungen können auch älter Nutzer oder Menschen, die nicht Deutsch als Muttersprache haben, von den Anpassungen profitieren. Zusätzlich erhöht sich die Benutzerfreundlichkeit. Die leicht verständlichen Texte geben ihren Besuchern die Möglichkeit, auch fachspezifische Themen leichter zu verstehen.

Es ist nicht nur eine gesetzliche Anforderung, sondern eine Investition in eine inklusivere und benutzerfreundlichere Zukunft. Mit einem klaren Plan und den richtigen Partnern können Sie rechtzeitig alle Anforderungen erfüllen und Ihre Marktposition stärken.

Wie lässt sich die neue Verordnung umsetzten?

Sie können neben der aktuellen Version Ihrer Webseite eine Zweite mit einfacher Sprache schaffen und diese durch Vorlesefunktionen, Gebärdesprachvideos oder Piktogramme ergänzen. Gerade bei älteren Webseiten ist eine Prüfung des HTML-Codes zu empfehlen, um die Kompatibilität mit Hilfsmitteln festzustellen. Hinzu kommt die Informationspflicht der Webseite oder des Online-Shops als barrierefrei, in einer entsprechenden Form.

Selbstverständlich können Sie genauso auch die aktuelle Version anpassen (lassen). Wir unterstützen Sie gerne.

Piktogramm eines vernetzten Users

Dies sind 2 Beispiele für den minimal klickbaren Bereich von 24×24 und 48×48 Pixel

Piktogramm eines vernetzten Users

GPSR

Diese Erweiterung der Produktsicherheitsverordnung trat zum 13.12.2024 in Kraft und betrifft alle Hersteller, Importeure und Betreiber von Onlineshops, die Waren im B2C Bereich für den EU-Markt vertreiben.

Wie richtig kennzeichnen:

Am Produkt selber müssen eindeutig und gut sichtbar die folgenden Angaben gemacht werden:

  • Name, eingetragene Handelsname oder Handelsmarke des Herstellers, sowie dessen Postanschrift und E-Mail-Adresse
    • Falls der Sitz des Herstellers außerhalb der EU liegt: die verantwortliche Person innerhalb der EU
  • eindeutige Produktidentifikation, einschließlich Abbildung, seine Art und Identifikationsfaktoren
    • keine Platzhalter oder Symbolbilder sind erlaubt
    • Bei personalisierbaren Produkten ein Beispielbild mit tatsächlichen Eigenschaften
  • Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen in Textform oder als Piktogramm
  • Bei Import in die EU zusätzlich der Importeur

Eine Verlinkung auf eine Informationsseite reicht nicht aus, die Angaben müssen auf
die Produktseite z.B. als extra Punkt Angaben zur Produktsicherheit.

Besonderheit Veränderungen innerhalb der Lieferkette:

Wenn Sie ein Produkt verändern oder unter eigener Handelsmarke vertreiben, gelten Sie als Hersteller und müssen eine Risikobewertung durchführen. Die Dokumentation muss für 10 Jahre aufbewahrt werden.

Als Veränderung gilt dabei:

  • Produkt weicht von ursprünglicher Sicherheitsbewertung ab
    • z.B. in ein Tretauto wird ein Motor eingebaut
  • Sich Gefahren verändert haben, hinzugekommen oder verstärkt sind
    • z.B. aus einer Holzplatte wird ein Puzzle mit verschluckbaren Kleinteilen
  • Veränderungen, die nicht vom Verbraucher initiiert wurden oder für seinen Bedarf erfolgen
    • z.B. bei einem Auto werden aus Kostengründen andere Reifen montiert. Die Neuen sind nur für 120 km/h ausgelegt. Das Fahrzeug konnte ursprünglich 200 km/h erreichen
Welche Ausnahmen gibt es?

Die Verordnung gilt nicht für die folgenden Produktgruppen:

  • Arzneimittel, Lebensmittel, Futtermittel und Pflanzenschutzmittel
  • Lebende Tiere und Pflanzen
  • Genetisch veränderte (Mikro-)Organismen
  • Erzeugnisse aus der Reproduktion von Tieren oder Pflanzen
  • Tierische Neben- und Folgeprodukte
  • Beförderungsmittel oder Luftfahrzeuge, die nicht vom Verbraucher gesteuert werden
  • Antiquitäten und Kunstwerke
Warum diese Kennzeichnungspflichten?

Die gesamte Lieferkette soll nachvollziehbar werden, um potenzielle Schäden durch Manipulationen oder unvorhergesehene Veränderungen schnell beheben zu können. Jedes Glied in der Lieferkette ist verpflichtet, sicherzustellen, dass für Verbraucher keine unnötigen Gefahren entstehen und Vorkehrungen zur Risikominderung getroffen werden.

Wir bleiben hier beim Beispiel der Holzplatte 15x15cm, die zu einem Puzzle verarbeitet wird. Der Hersteller der Platte kann diese als unbedenklich verkaufen. Derjenige, der Sie verändert, fügt potenzielle Gefahren wie Verschlucken oder Ersticken hinzu und muss diese dementsprechend angeben. Sollte dabei noch ein Lack oder chemische Farben verwendet, muss dies zusätzlich angegeben werden und evtl. die Altersangabe angepasst werden.

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